Statement des Regisseurs
Seit 1949 sind der Aufbau und die Entwicklung der chinesischen Nation eng mit der innerstaatlichen Politik und dem Gesellschaftssystem verbunden, die jeweils mit drastischen Veränderungen einhergingen. „Bis dann, mein Sohn“ erzählt von dieser Geschichte. Der Film erzählt von einfachen Menschen in China in Zeiten, als Gesellschaft, Familie und die individuelle Lebensgestaltung von tiefgreifenden Veränderungen erschüttert wurden. „Bis dann, mein Sohn“ lässt die Zeit von den 1980er Jahren bis hinein in unsere Zeit Revue passieren. Wenn ich die tiefgreifenden Veränderungen seit Beginn der Wirtschaftsreformen nachzeichne, nehme ich die persönlichen Schicksale in den Blick, die sich vor diesem Hintergrund abgespielt haben. Die Familien in meinem Film fungieren als Mikrokosmos der chinesischen Gesellschaft der letzten 30 Jahre.
Eine der Familien, die von Shen Yingming und Li Haiyan, muss mit ihrer Schuld umgehen. Dabei zeigt sich, dass der wahre Weg zur Vergebung der eigenen Fehler und des Schmerzes, den man anderen zugefügt hat, darin liegt, sich mit den eigenen Taten auseinanderzusetzen. Nicht nur jeder einzelne von uns, sondern die ganze Gesellschaft oder Nation sollte sich diese Herangehensweise an die Vergangenheit und die Geschichte zu eigen machen.
Ein chinesisches Sprichwort sagt: „Schau nach vorne und vergiss die Vergangenheit.“ Dieses Motto sollte in den Anfangstagen der Wirtschaftsreform die Gesellschaft motivieren, überholte Werte abzulegen und auf wirtschaftlichen Wohlstand hinzuarbeiten. Aber die Vergangenheit einer kritischen Analyse und Untersuchung zu unterziehen, ist unabdingbar, um nicht schon einmal gemachte Fehler zu wiederholen und die Zukunft aufs Spiel zu setzen.
Gerade einfache, gutherzige Menschen können sich angesichts der im immer schnelleren Rhythmus über sie hereinbrechenden gesellschaftlichen Wellen plötzlich sehr zerbrechlich und bedeutungslos vorkommen. Oft bleibt ihnen nichts anderes, als sich von diesen Wellen treiben zu lassen. Aber wenn solchen Menschen, so wie meinen Hauptfiguren Liyun und Yaojun, eine Tragödie widerfährt? Wie können sie dann in ihrem Leben weitermachen? Man lebt nur einmal. Aber manchmal kann es ein ganzes Leben dauern, um zu vergessen oder Abschied zu nehmen. Meine Figuren brauchen diese ganze lange Zeit dafür, um Lebewohl zu sagen – nicht nur ihrem Sohn, sondern auch ihrer Jugend.